Wie alles begann

Nachdem mich meine beiden Nervensägen die Nacht über wach gehalten haben, kam mir so der Gedanke, ich müsste euch mal den Beginn der Geschichte der herzlichen Nachbarschaft erzählen.
Setzt euch hin, legt euch Leckerlis zurecht, könnte was dauern.

Vor etwas mehr als 10 Jahren zogen wir, das heißt, mein Ex, meine Wenigkeit und 1 ½ jährige Tochter hier ein. Tochter 2.0 war noch ein schmutziger Gedanke im Hirn ihres Vaters.
Die Vorbesitzer verabschiedeten sich nach Vertragsunterzeichnung mit den Worten: „Und lasst euch von den Nachbarn nicht alles gefallen, sonst sagen die euch bald, wie ihr euren Garten zu gestalten habt.“
Äh, ah ja!
Nun muss man sagen, dass unsere Vorgänger große Nadelbaumfreunde waren.
Wir fällten und rodeten nicht weniger als 40 Nadelbäume auf unserem Grundstück mit Hilfe der freiwilligen Feuerwehr, deren Mitglied mein Ex war und Opa, Ex-Bauer, berufsmäßiger Baumschubser und dessen Kumpel, Besitzer eines Treckers.
Das freute den Nachbarn: Endlich Licht auf seinem Grundstück.
Wir waren best friends!

Nicht lange!
Denn da war noch der ein oder andere Busch, übelst mit grünen Blättern behangen, der das naturfeindliche Auge des Nachbarn störte.
„Könnt ihr nicht … wäre nett von euch, wenn … macht doch mal!“ waren von da an die ständigen Aufforderungen, sobald sich jemand von uns im Garten sehen ließ.
Ich war zu der Zeit mit Kinder kriegen beschäftigt, so dass mein Ex die Diskussionen führte. Er geht Ärger naturellmäßig aus dem Weg und kürzte und fällte, wo Grün des Nachbarn Ästhetik störte.

Irgendwann war die Grenze baum- und strauchfrei!
Unsere ostdeutschen Mitbürger kennen das noch aus DDR Zeiten.
Ruhe nun?
Aber nein!

Unser Grundstück liegt auf zwei Ebenen. Unten steht das Haus – oben Bäume! Böse Bäume – alle grün!
Aber eben nicht an der Grenze!
Welches Argument könnte man da ins Feld führen?
Genau: Den Fernsehempfang!

Also eine Birke, die oben stand, war von da an verantwortlich dafür, dass der euch als Nadel-Willi bekannte Nachbar nur flatternden Empfang hatte.
„Also immer wenn der Wind so die Birke bewegt, dann flackert unser Bildschirm.“
Ah, ja, ist klar!
Wir bekamen zu der Zeit eine neue Schüssel und fragten den gut ausgebildeten Fachmann: „Ey, Cheffe, guckst du! Nachbar! Habbe schlechten Empfang! Könne liegen an unsere Birke?“
Mit Mühe konnten wir verhindern, dass der Radio- und Fernsehprofi vom Balkon fiel vor Lachen.
„Datt seh ich von hier! Das Ding ist falsch ausgerichtet! Mussa umhängen, dann geit datt! Wäre ja noch schöner, Bäume! Das hieße ja, dass in einer Großstadt Schüsseln nicht funktionieren würden!“ *Vogelzeig*
Okaaaaay! Diese frohe Kunde haben wir dann dem Nachbarn, als er wieder einmal diskret auf unsere Birke anspielte schonend beigebracht!
„Kann gar nicht sein: Die Birke ist Schuld! Denn immer wenn Wind …“
Opa, der Baumschubser wurde bestellt: Birke fällt!

Ruhe jetzt? AAAAAber nein!
„Ja, also, ihr habt ja nun die Birke freundlicherweise gefällt. Aber unser Fernsehempfang ist immer noch schlecht. Wir denken, es war wohl doch der Korkenzieherbaum, den ihr da stehen habt. Der muss weg!“
Nun kann uns niemand unterstellen, wir wären dem Typen nicht entgegen gekommen, aber nun war das Maß voll. Der Korkenzieherbaum blieb.
Die Hartnäckigkeit des Nachbarn auch.
Jedes Mal, wenn wir uns im Garten blicken ließen:
„Euer Korkenzieherbaum … wann macht ihr den um … gute Nachbarschaft…. bla bla….“
Der Baum blieb! Ich kann auch stur sein!

Sonntagmorgen: Ich lag noch im Land der Träume, kommt mein Mann ins Schlafzimmer: „Sag mal, Schatz (damals war ich noch Schatz), hast du heute Nacht den Baum gefällt?“
Von mir sind ja manchmal merkwürdige Aktionen zu erwarten, auch nachts, aber Bäume gefällt habe ich meiner Erinnerung nach nachts noch nie! Ich habe nachts einen Jägerzaun abmontiert … aber das war ’ne Jugendsünde unter Alkoholeinfluss.
Tatsache war: Der Korkenzieherbaum war gefällt!

Nun war das Maß voll: Anzeige!
Polizei kam und ich bekam einen Schnellkurz in unser Rechtssystem!
„Haben Sie gesehen, wer den Baum gefällt hat?“
„Nee, ich schlafe nachts!“
„Ja dann?! Schadabanana!“

Das Verfahren wurde mangels Beweisen eingestellt!
Dein Nachbar darf dir also den Garten roden – er darf sich nur dabei nicht erwischen lassen!

24 Stunden nach dem Baumfrevel stand Radio-Müller vor der Tür und hängte die Schüssel beim Nachbarn um.

Noch Fragen?

Seitdem sind wir wieder beim SIE!