Ein Schrei aus dem Kinderzimmer…

„MAMAAAAAA, es geht nicht!!!!“
Mein Augapfel packt ihre Reisetasche.
Klassenfahrt: Drei Tage Hamburg (weil die Lehrerin zu faul für ’ne ganze Woche ist).
Drei Tage – nicht drei Monate!
Ich betrete das Kinderzimmer meiner 13-jährigen und finde sie verzweifelt auf einer prall vollen Reisetasche liegend vor, der Reißverschluss tut sein bestes, aber die Nackenrolle passt beim besten Willen nicht mehr hinein.
Kleinigkeiten wie Zahnputzzeug und Handtuch wurden wohl für entbehrlich gehalten, jedenfalls liegen sie außerhalb des gequälten Reisegepäcks. Von den bei Jugendherbergsessen absolut notwendigen Überlebenskeksen ganz zu schweigen, die liegen noch im Vorratsraum.
Ich fange an, die Reisetasche auf ihren Inhalt hin zu überprüfen, was erneutes Geschrei auslöst:
„Packst du jetzt etwa alles wieder aus?“

„Kind, ich höre das Gras wachsen, sehe drohendes Unheil voraus, ich kann übers Wasser laufen, aber durch Taschen gucken kann ich nicht. Wie soll ich feststellen, was da raus kann ohne es auszupacken?“
„Das brauche ich alles! Hol den großen Koffer vom Boden!“

Auf dem Bett liegen jetzt: 5 Hosen, 7 T-Shirts, 2 Pullover, 3 Schlafanzüge (einer für heiß, einer für kalt, einer für, wenn einer schmutzig ist), ein Jogginganzug, 4 Paar Schuhe, 3 (in Worten drei) Kulturbeutel (einer mit Schminkzeug, einer mit Waschzeug, einer mit was-man-sonst-noch-braucht-Zeug), ein MP3 Player, ein Fotoapparat im Karton (weil da das Aufladekabel dabei ist), ein Fön, 5 Paar Socken, 8 Slips (für jeden Tag zwei und zwei in Reserve – sicher ist sicher), diverse Hygieneartikel (sicher ist sicher), eine Wärmflasche (sicher ist sicher), diverse Medikamente gegen Hals-, Kopf-, Glieder- und sonstige Schmerzen und bestimmt noch einige andere Dinge, die ich jetzt vergessen habe. Ich bin begeistert, was meine For-You-Reisetasche alles fasst.

Die Klassenfahrt dauert von Montag Morgen bis Donnerstag Mittag. Das Kind hat Kleidung am Leib wenn es losfährt – und …

–> der Schrankkoffer bleibt auf dem Boden.
Lösungen sind gefragt, die schmerzliche Verluste fordern.
Böse Blicken treffen mich bei jedem Teil, das auf den Haufen ‚Bleibt hier‘ wandert. Tränen, als ich die Anzahl der T-Shirts auf gnadenlose 3 reduziere: „Alle nehmen 20 T-Shirts mit, nur ich muss mit jämmerlichen 3 auskommen.“

Oh, was bin ich wieder pädagogisch!
Wir packen alles in die Tasche, was ICH für nötig halte (plus Nackenrolle und Überlebenskekse) und den übrigen Platz darf sie mit Sachen voll stopfen, die SIE für nötig hält.
Der vernichtende Blick meines Teenagers als ich das Zimmer verlasse, lässt mich allerdings an meinen pädagogischen Fähigkeiten zweifeln.
Mütter können grausam sein!