Meine Nacht war vorbei, auch Mütter sind aufgeregt.
Naja, Zeit genug zum Duschen und den noch schlafenden Kids das Frühstück zu zubereiten.
3.30 Uhr erstes Kind vom Reisefieber gepackt, stößt zur Nachtschicht.
3.45 Uhr Kind 2.0 lässt es sich nicht entgehen uns Gesellschaft zu leisten.
Nur die Katzen schlafen noch: Die spinnen unsere Menschen!
Ich fass es nicht, meine beiden Weiber sitzen pünktlich im Auto.
5.00 Uhr planmäßige Abfahrt gen Paris-Bus für Kind 1.0.
Kind im Bus, Kind 2.0 und Mutter auf dem Weg zum Bahnhof:
Alles nach Plan!
6.28 Uhr Abfahrt über Elze und Uelzen nach Hamburg!
Elze, der momentan hässlichste Bahnhof Deutschlands.
Diesen Anblick solltet ihr euch merken, er wird für den heutigen Tag noch eine Bedeutung haben.
Aber uns hat ja erst einmal der Hundertwasser-Bahnhof in Uelzen erfreut.
Und deshalb habe ich die Hinfahrt so geplant, dass wir dieses Mal genügend Zeit hatten ihn ausführlich zu besichtigen.
Hier für euch einige Appetithäppchen.
Und last not least, wenn ihr da mal hinfahren solltet, vergesst nicht die stillen Örtchen.
Die Klofrau ist der Hammer!
Sie ist ein begeisterter Hundertwasser-Fan und wenn man Interesse zeigt, hält sie einem einen unnachahmlichen Vortrag. Wir hätten beinahe unseren Anschlusszug verpasst …
Ab Uelzen bekamen wir Gesellschaft der etwas anderen Art.
Hamburg spielte am Wochenende und zu uns stiegen, nennen wir es mal, Fußball-Fans. Die Schaffnerin diskutierte schon beim Einsteigen mit ihnen und man nahm ihnen den Proviant ab.
Machte gar nichts, die Herren hatten gut ‚gefrühstückt‘, der Alk-Pegel würde bis HH reichen.
Es war ja schon 9.
Sie unterhielten dann auch das ganze Abteil mit ihrem Gegröle.
Erst glaubten wir der eine hieß Digga und der andere Alder, bis mir meine dunkle Vergangenheit im Getto beim Übersetzen half.
Man sprach sich mit ‚Dicker‘ und ‚Alter‘ an und das in jedem Satz mehrfach.
Ich versuche das mal annähernd wieder zu geben.
„Ey, Digga, Digga, ey, hör ma, du pass auf Alder, ey du soll ich ma anna Stange tanzen, bor, ey Digga, du Sack, das wär was, wa?“
„Du, ey Alder, ey du Specknacken, ey, nee, is Spaß man, ey, du Digga, pass auf hier.“
„Kann ich mal ihre Fahrkarte sehen!“ *gröl*
Zu jedem, auch zum 20sten, der an den Typen vorbei ging.
„Ey, Digga, Digga, ey, hör ma, du pass auf Alder, ey du soll ich ma anna Stange tanzen, bor, ey Digga, du, das wär was, wa?“
„Du Alder, hör ma, ey gleich kommt Hamburg, das ist meine Stadt, Digga, ey echt Alder, kannste nicht vergleichen mit Eimbeck, ey, Alder, echt nicht. Wer da keine Alde kriecht, der bringts echt nicht, Alder.“
Hier wurde konsequent die Assi-Grammatik-Regel eingehalten:
Subjekt, Prädikat, Beleidigung, Alder!
Ab und zu habe ich mich verschämt nach der versteckten Kamera umgeschaut.
Aber neee, Alder, ey, die waren echt!
Glücklich diesem Zug zu entkommen, schlugen wir pünktlich um 10 am HH Hauptbahnhof auf.
Dorfmenschen in einer Großstadt:
Die fahren nicht U-Bahn, die nehmen den Bus, verfahren sich prompt, treffen einen mitleidigen Busfahrer, der sie in seiner Pause per Sonderfahrt zur verpassten Haltestelle zurück fährt.
Meine Handynummer hat er trotzdem nicht bekommen.
Den Shop mit den billigen Restkarten, den uns der Busfahrer empfohlen hat, fanden wir aber nicht und nach einem strammen Fußmarsch hatten wir auch keine Lust mehr zu suchen.
Also rein in den offiziellen Kartenverkaufsladen und ’schweineteure‘ nicht reduzierte Karten erstanden.
Egal, nun sind wir einmal hier!
Tarzan und Sister Act hätten wir billiger gekriegt.
Wie wir später erfuhren, lohnt sich das aber nicht.
War also richtig, bei ‚König der Löwen‘ zu bleiben.
Es lief für Lovis‘ Verhältnisse noch alles relativ nach Plan.
Ab ins Miniatur-Wonderland.
Voll, eng, niedrige Decke – nicht mein Ding!
Durch die Menschmassen die sich da durch schoben, hatte ich bald keine Lust mehr mich an die Miniaturen ranzudrängeln, um überhaupt etwas zu sehen.
Tochter 2.0 war dennoch begeistert und schlängelte sich einfach unter den Großen durch nach vorne.
Mit Sicherheit ist diese Anlage auch unter anderen Rahmenbedingungen sehenswert mit all den liebevollen Details.
Hier nur ein paar der von uns zahlreich geschossenen Fotos.
Besonders beeindrucken: in regelmäßigen Abständen wird es Nacht im Miniatur-Land.
Schwer zu fotografieren.
Der Flughafen!
Ein Männerding. Seht euch mal die begeisterten ‚kleinen Jungs‘ im Hintergrund an.
Extra für Fußball-Fans. Das Stadion:
Und da ist ja auch schon unsere Fähre, die uns zu König der Löwen abholt
Cap San Diego
Weil es noch zwei Stunden hin waren bis zur Vorstellung und dieses Riesen-Museums-Schiff auf dem Weg lag, entschieden wir uns, es zu besichtigen.
Zwerg schubst das Schiff um
Von der Brücke
bis zum Maschinenraum
wir haben nichts ausgelassen.
Ganz schön groß so eine Schiffsschraube
Im Hintergrund unser nächstes Ziel: Das Theater im Hafen
Etwas fußlahm kamen wir im Theater an und die Stunde Pause, die wir noch hatten, war zum Verschnaufen gar nicht schlecht.
Über die Vorstellung brauche ich nichts zu schreiben: Es war einfach nur toll.
Ich wäre aber nicht Lovis, wenn alles nur supi wäre.
In der Pause: SMS aus Paris!
„Bin gut angekommen!“
Na fein!
SMS zurück: „Wünsche dir viel Spaß, mein Schatz!“
2 min später, SMS aus Paris:
„Meine Schuhe sind kaputt, was soll ich machen?“
Wie die Schuhe sind kaputt? Das Kind hat 3 Tage volles Programm vor sich und keine Schuhe?
Barfuß in Paris kann schön sein,
aber nicht im April,
nicht mit 14 und
nicht mit einer Schulklasse.
SMS zurück:
„Besorg dir Neue oder leih dir welche.“
Re-SMS:
„Wann soll ich das tun, ich habe keine Zeit.“
Die Vorstellung ging weiter.
Vorstellung angucken und im Hirn weiter arbeiten. Wenn das Kind sich Schuhe kauft, hat sie kein Taschengeld mehr. Bitten tut sie keinen um Geld, ich kenn sie. Wie kann ich von Hamburg aus Schuhe organisieren und nach Paris schaffen. Jeder Plan, den ich ausarbeitete funktionierte nicht.
Drittbeste Lösung: Sie hat noch Sandalen mit, es soll warm werden, drei Tage muss das gehen.
Vorstellung vorbei, rauf auf die Fähre, Anruf in Paris – zähe Verhandlungen mit Tochter 1.0.
Sie muss jetzt selbst entscheiden ob sie die Sandalenvariante oder die ich-bin-pleite-Variante wählt.
Wir hatten andere Sorgen:
Es fährt kein Bus zum Bahnhof!
Nehmen Sie doch die U-Bahn.
Ok, todesmutig wählen die Landpomeranzen die U-Bahn!
Oh, Wunder, man kommt mit der U-Bahn zum Bahnhof!
Zum Glück für die verfressene Zweitgeborene, 3 min nach Abfahrt des Zuges, d.h. Zeit genug für unseren Lieblings-Pizza-Stand am Bahnhof.
19.57 Uhr Abfahrt gen Heimat.
Da waren sie ja wieder unsere HSV-Krieger.
Etwas müder, etwas leiser, aber nicht wesentlich sympathischer.
Und so waren wir froh, dass sich eine sympathische Mutter mit ihrer nicht minder sympathischen Tochter (18) zu uns setzen.
Wie sich herausstellte wollten sie nach Bad Pyrmont und wir freuten uns, dass wir doch ein gleiches Stück in dieselbe Richtung fuhren.
Merkwürdigerweise hatten sie ab Hannover andere Züge rausgesucht und somit 45 min dort Aufenthalt. Warum sollen wir uns 45 auf den Hannoveraner Bahnhof stellen, wo wir doch mit ihnen über Elze (ihr erinnert euch an diesen zauberhaften Bahnhof) auch nach Hameln kommen. Da können wir doch noch zwei Stündchen länger quatschen.
Der pizzaabgefüllte Ableger war zu diesem Zeitpunkt neben mir in einen Tiefschlaf gesunken.
Wir wunderten uns, warum der Zug in Hannover so merkwürdig lang stand.
15 min war planmäßig. Eine Anzeigentafel war nicht in Sicht.
Die 18-jährige zückte ihr Smartphone.
Hämmer, hämmer in die Tasten.
„Der müsste 33 abfahren.“ Wir hatten bereits 45.
„Sag mal, entlock deinem Teil doch mal, wie viel Zeit wir in Elze zum Umsteigen haben?“
„Fünf Minuten.“
Rechne, rechne ohne Smartphone.
Wir haben jetzt schon 12 min Verspätung.
Könnte enge werden mit dem Umsteigen.
„Ey, da drüben steht der Zug mit dem wir eigentlich fahren wollten!!!“
Wir guckten uns an: RAUS HIER! UMSTEIGEN!
Pizzabauch aus dem Schlaf gerissen, glaubte an einen Angriff der Aliens, die beiden schnappten ihre Koffer und wir stürzen aus dem Zug.
Treppe runter,
Treppe rauf,
rein in den Zug nach Hameln!
Sicher auf die Sitze geplumpst, bemühte die Jugendliche noch einmal ihr Technikteil.
Dort teilte die Bahn mit, dass der Zug aus Hannover Elze nicht pünktlich erreicht und somit Anschlusszüge verpasst werden könnten.
Na danke, das wäre genau das, was mir an diesem Tag noch gefehlt hätte.
Eine Nacht auf dem Elzer-Bahnhof!