Tropicana

Nach einer Zeit der, sagen wir einmal, emotionalen Ambivalenz (welch eine Wortschöpfung) dachte sich die allein erziehende Mutter, tu deinem Körper mal etwas Gutes, mach in Wellness. Um genau zu sein: Wellness Massage.
Gestreichelter Körper = gestreichelte Seele, so der Plan.
Als fürsorgliche Mutter muss ich dabei ja auch meine beiden Trabanten versorgen, also hieß unser Ziel: TROPICANA, Spaßbad.
Die Erstgeborene ins warme Sole-Becken, die Zweitgeborene auf die Wasserrutsche, Mutter unter die wohltuenden Hände eines sickpack-bewaffneten Latin Lover Masseurs.

Ich fand die Idee schon mal gut.

Sie Zweite quakt dazwischen, sie wolle auch massiert werden, die Erste lässt sich schon mal gar nicht von fremden Händen anfassen, schüchtern und verklemmt wie die Mutter, … und ICH, ich fand erst mal meine Schwimmtasche nicht …

Es grenzt an ein Wunder, dass wir irgendwann gemeinsam die Vergnügungsstätte erreichten.
Nein, ausnahmsweise keine Probleme beim Einlass, die Schwierigkeiten fingen erst an der Schranktür an. Hatten die da doch keine archaischen Schlüssel, nein, man öffnet und schließt die Türen mit hochmodernen Magneten, die außerdem, Wunder der Innovation, auch Zeiten registrieren und, setzt euch zum Gebet Brüder und Schwester, man kann damit sogar bezahlen. Amen!

Glaubt meine hochbegabte Erstgeborene aber nicht ohne intellektuelles Hinterhergefrage.
Meint sie, das Schließen der Türen vorher, bevor sie ihre Klamotten da rein tut, ausprobieren zu müssen.
Tür zu!
Geht aber nicht wieder auf!
Normal!
Mutter, inzwischen schon im Bikini, leicht ungeduldig, weil Latin auf sie wartet, fetzt ihrer ungeschickten Nachkommenschaft den Magnetschlüssel aus der Hand mit den liebenden Worten:

„DAS KANN JEDER SCHIMPANSE, DU DOOF!!!“

Die Schranktür kennt aber den Schimpansen nicht persönlich und verweigert standhaft die Öffnung. Die Zweitgeborene, technisch die Begabteste von uns, greift ein.
Knallt mit roher Gewalt den Magneten gegen die Tür.
Die ist nun erst recht beleidigt und bockt weiter.
Inzwischen fängt die Ältere eine Grundsatzdiskussion an, wie es denn möglich sei, dass man mit jedem Schlüssel alle Türen öffnen und schließen könnte, aber nicht eine bereits verschlossene Tür öffnen. Sie fürchtete, dass jemand in ihrer Abwesenheit ihre Schuhe klauen könnte.
Alles andere wäre ihr egal gewesen.

Ich erkläre ihr, pädagogisch wertvoll: „WEIL ES SO IST! NIMM ES EINFACH HIN!“
Mein Latin trippelte bestimmt schon ungeduldig von einem Fuß auf den anderen.
Neben uns stand inzwischen eine höchst amüsierte Mittfünfzigerin, Typ Grundschullehrerin, und gab mir grinsend Recht: „Manchmal muss man Dinge einfach so hinnehmen.“
Nahm uns den Schlüssel aus der Hand und hielt den Magneten an die richtige Stelle.

Sesam öffne dich!
Ich hasse klugscheißende Lehrer, die Schränke öffnen können.

Nur der Ordnung halber, wir befanden uns seit einer halben Stunde im Spaßbad, Mutter und Zweitgeborene, sich auf die Massage freuend, standen fertig und gut aussehend in Badebekleidung in der Umkleide, während die Erstgeborene sich in aller Seelenruhe die Jacke auszog. Aus ihrer Tasche kamen nicht weniger als 3 (in Worten drei) Bikinis zum Vorschein. Es begann eine Modenschau, alla, welchen trage ich denn heute?

Ihr kennt mich, mein zweiter Vorname ist Patience, nichts kann meine innere Balance aus dem Gleichgewicht bringen, aber, … nachdem sie sich zum dritten Mal umzog, kündigte ich ihr an, sie nackend in die Hall of Fame zu schleifen!!!

Dank dieser leichten Verzögerungen kamen wir gerade noch rechtzeitig zur Massage. Dass der Six-Pack-Masseur eine 1,50 m große Asiatin war, sei hier nur am Rande erwähnt. Man muss Abstriche und gelegentlich einfach mal die Augen zu machen.
Die Asiatin war der deutschen Sprache nur rudimentär mächtig und so verstand ich ihre Frage:
„Wolle Thai?“ auch völlig falsch und lehnte dankend ab.
Nö, ich steh nicht so auf Thailänderinnen.
Sie lächelte lieb und deutete noch einmal auf ihren Teekocher hin: „Wolle wiklik nit Thai?“

Während also der genusssüchtige Teil der Familie sich den Stress aus dem Rücken kneten ließ, entspannte die Bikiniträgerin mit dem funktionstüchtigen Magnetband im Solebecken.
Hätte ein entspannter Abschluss werden können …

Der massierte Teil der Familie legten sich also tiefenentspannt dazu, da machte mich meine hellwache, weil unmassierte Große auf einen Typen gegenüber aufmerksam. „Ey, Mutter, guck mal unauffällig zu dem Wikinger da drüben (nur weil er rote Haare hatte, einen Bart, ok, … er sah aus wie ein Wikinger…), der fixiert dich die ganze Zeit.“
ICH, seh sowas ja nicht!
Jetzt aber, da mich meine Große darauf hinwies, war es penetrant. Durch mein Hingucken fühlte sich Wiki nämlich dazu aufgefordert, sich männlich aufzublasen, grinste, machte sich breit und … das hätte er lieber lassen sollen … breitet seine Arme in männlichem Imponiergehabe weit aus.

Wusstet ihr, dass Rothaarige auch rotes Achselhaar haben?
Und sie haben viel davon!
Sehr viel!
Zu viel!
Damit hatte er das zarte Pflänzchen eines sich anbahnenden Flirts im Keime zertrampelt. Erst recht als meine Große spekulierte, welch ein Biotop für Klein- und Kleinstlebewesen so ein Busch ist und philosophierte, ob Sole diese wohl abtöte.

Schnell war ein zweites Objekt der Begierde ausgemacht, genannt: das U-Boot.
Von dem Spanner lugten nur die Augen aus dem Wasser, wie bei einem Guckrohr.
Immerhin keine Achselhaare in Sicht.
Um auch den unteren Teil der Damenwelt zu erfassen, setzte er ab und an eine Taucherbrille ein.
Der Mann hatte seinen Spaß – wir auch!

Dabei hätten wir fast verpasst, dass sich Nummer 3 ranrobbte: Genannt, der Grieche!
Endlich mal etwas fürs Auge!
Der holte gerade Luft, um so etwas Originelles zu fragen wie: „Na, auch in der Sole-Therme?“, da stürmten zwei Kleinkinder auf ihn los: „Papa, Papa!“
So ein Pech aber auch!

Na dann eben zum Abschluss ins Wärmebecken!
Dies ist ein Minibecken, ein bisschen größer als eine mittelklasse Badewanne, mit pipiwarmem Wasser. Herrlich!
Wenn man sich die Babys und Kleinkinder wegdenkt.
Die Größe es Beckens verlangt, dass stets die Menge des Wassers angepasst wird. D.h. sobald mehr Menschen im Becken sind, saugen mehrere Siphons lautstark das überflüssige Nass ab. Sehr lästig!
Um den Zusammenhang von Krach und Menschenmasse zu erfassen brauchten wir Asse der Physik Stunden. Als dann drei Damen der Größe XXXL das Becken betraten, liefen die Abflüsse Amok und bewiesen somit, dass wir richtig lagen mit unserer These.

Herrlich, so ein Spaßbad!