Bruni bei den Schamanen

So ihr Lieben, es gibt Dinge, die schreien danach aufgeschrieben zu werden.
Abteilung Esoterik, Menschen mit leichtem Hau, durchaus aber sympathisch:

Wir reden von Bruni.

Bruni ist seit Jahren eine Kollegin von mir, arbeitet mit unseren Dullis, wie sie sie nennt, ist also für die Bedürftigen unter unserem Bildungsnachwuchs zuständig, für die Inklusionskinder.
Um es vorweg zu schicken, Bruni gehört zu dem Teil der Kollegen, die ich mag.
Sie liegt, da Sonderpädagogin mit A13, intelligenzmäßig über dem Durchschnitt der gemeinen Grundschullehrerin, versteht meinen Humor auf Anhieb ohne Erklärung, spricht aus, was sie denkt und pellt sich dabei ein Ei auf die Obrigkeit. Ansonsten ist sie ein bisschen anders als andere Menschen, fällt auf durch quere Gedankengänge und anstrengende Diskussionsfreudigkeit.
Kurz gesagt: Bruni hat die Lizenz, in meinen engeren Circle aufgenommen zu werden.
Ihr aufregendes Privatleben verrate ich euch vielleicht in einem anderen Kapitel, heute geht es um ihre, nennen wir es mal, … ‚alternative Ferienfreizeitgestaltung‘.

Es steht an: 3-tägiges Survivaltraining in der Uckermark.
Wie muss man sich das vorstellen?
Zähe Naturweiber wie unsere Bruni werden ohne Nahrung, ohne Wechselkleidung oder zeltmäßiger Unterkunft in der Pampa der ehemaligen Zone ausgesetzt.
Man schaut, ob sie drei Tage überleben.
Grenzerfahrung!
Nee, nee, die kriegt das nicht bezahlt und RTL dreht auch keine Reality-Doku darüber.
Im Gegenteil! Bruni bezahlt die Leute, die sie aussetzen.
Mit Recht, denn:
Bruni muss regelmäßig Steine umdrehen, unter denen Nachrichten liegen und diese markieren, damit die Survivalorganisatoren wissen:
Bruni lebt noch!
Soweit klingt das alles nicht nach meinem Geschmack.
Aber wie gesagt, Bruni hat’se nicht alle!

Nun treffen zwei eigentlich vorhersehbare Komplikationen aufeinander.

1. Es regnet Dauer. Drei Tage Bindfäden.
Wir erinnern uns. Unser aller Bruni hat keine Wechselkleidung und kein Zelt dabei.
Die Sache mit den fehlenden Hygieneartikeln lasse ich hier mal weg.

2. Unsere Bruni ver- und erträgt alles.
Die ist ein zähes Biest.
Aber eins kannste mit ihr nicht machen.
Verweigere ihr Nahrung!

Kriegt sie nichts zu essen, wird sie
a) schlecht gelaunt und
b) wird ihr schlecht.

Also richtig schlecht.
Mit Übergeben.
Und das kann sie tagelang, auch wenn oben nichts Neues dazu kommt.
Kein Mensch weiß, wie sie das macht!
Aber irgendjemand hat ja auch mal mit fünf Fischen ein ganzes Volk ernährt.
Halleluja!

Wir haben also Regen und eine mit Übelkeit kämpfende Bruni in der landschaftlich sehr schönen Pampa der Uckermark.
Bruni ist intelligent, ich erwähnte es.
Sitzt also mit ihrem Mageninhalt kämpfend unter einer Plane (statt Zelt) im strömenden Regen und denkt: Wenn ich jetzt zum Kotzen hinter den Baum gehe, werden meine einzigen Sachen nie wieder trocken. Bleibe ich hier hocken, nehmen ich und meine einzigen Sachen einen Geruch an, den wir beide nicht mögen.
Was macht Bruni?

Legt einen an Erotik grenzenden Waldstripp unter der Plane hin, zieht sich selbige wieder über den Kopp und bringt ihren kümmerlichen Mageninhalt nackt, wie Gott sie schuf, hinter den nächsten Baum.
Das Bild kriege ich nie wieder aus dem Kopp!
Da sage noch mal einer etwas gegen All-Inklusive auf Malle.

Nun ist es zwischen mir und Bruni ein Running Gag, dass ich sie nach jeden Ferien frage:
„Na, Bruni, du zähes Luder, warste wieder Steine umdrehen in der Uckermark?“

So auch zu fortgeschrittener Stunde am Ende der großen Ferien auf unserem Trip in Münster.
„Nee, Lovis, ich war im Bauwagen, Uckermark war mir zu nass.“
„Bauwagen, Kind?
Erinnert mich an Waldkindergarten,“ fange ich spontan an zu lästern.
Bruni legt unbeirrt nach.
„Mit Schamanen!“
„Alles andere hätte mich bei dir überrascht, Bruni!
Ich nehme an mit Wollsocken und Redesäcken?“
„Nahein!
Mit Wollsocken und Redestöckchen!“
Ich kann folgen, das sind Veranstaltungen wo ich spätestens am 2. Tag gebeten werde zu gehen, mit den milden Worten:
„Du bist noch nicht so weit!“

Aber Bruni, die ist so weit!
Und klärt mich weiter auf:
„Es ging um die WEIßE HOCHZEIT!“

Lehnt euch zurück, geneigte Leser, es kommt ein Vortrag aus der Schublade ‚was ihr schon immer wissen wolltet und euch nie zu fragen trautet‘:
Jeder, also auch du und ich, männlichen und weiblichen und transgender Geschlechts (ok, bei letzteren bin ich mir nicht so sicher), also jeder hat ein weibliches ICH und ein männliches ICH in sich.
Nehmen wir einmal an, du bist ein Mann, dann kannst du dich glücklich schätzen, wenn die Frau in dir, alle deine Bedürfnisse erfüllt. Dann kannste die heiraten. Lernste jetzt eine Außenfrau aus Fleisch und Blut kennen, ist das ein Luxusartikel, weil deine innere Frau bereits all deine Bedürfnisse erfüllt. Du hast also an die äußere Frau keinerlei Forderungen mehr und kommst quasi mit jeder Tussi klar.

Habt ihr verstanden, ne?

Am Rande erwähnt, Brunis Beziehung läuft gerade nicht so ganz optimal. Wenn sie also mit ihrem inneren Mann klarkommt, regt sie sich über ihren Berthold nicht mehr so auf.
So die Hoffnung.
Nun wechselte unser aller Bruni also in Wollsocken drei Tage lang zwischen Bauwagen, Seminarraum und Wald, begleitet von Ritualen der Schamanen hin und her und fiel, Pech für die Schamanen, voll von neuen Eindrücken und frisch mit sich selbst verheiratet, mir in die Hände.

Am Ende rollten uns vor Lachen die Tränen von den Wangen und Bruni war wieder auf dem Boden der Realität:
„Ich mach aber auch immer einen Scheiß, ne?“
„Macht nix, Bruni, du hast ja mich!“
Ich freu mich schon auf deinen nächsten Selbsterfahrungstrip!