… gestern Abend saß ich noch nach einer elend langen Dienstbesprechung, um meinen Ohren ein wenig Entspannung zu gönnen, auf meinem Balkon und ließ den Tag Revue passieren.
Ich schaute in die sternenklare Nacht, … da sah ich Gandhi, im Lotussitz mit geschlossenen Augen meditierend auf einer Reismatte.
„N’Abend, Gandhi!
Gandhi?
Ich hatte heute Lust zu töten, stell dir mal vor!
Kennst du dieses Gefühl?
Wie hast du es bekämpft?“
Ohne die Augen zu öffnen brummte Gandhi: „Findehe deinehe Mitteheeee!“
„Mönsch, Alder, kannst dir auch mal ’nen neuen Spruch einfallen lassen. Meine Mitte ist da wo sie immer ist. Aber mich hat heute eine Kollegin extreeeeeeemst genervt. Ich sehe Mörder plötzlich in einem ganz anderen Licht, verstehst du?
Meine Werte geraten bedrohlich ins Wanken!“
Rechts neben mir tauchte aus einem kleinen Teich der halbnackte Rambo auf und ballerte mit seinem Maschinengewehr in die Runde.
Blut spritzte – aber danach herrschte herrliche Ruhe.
„Siehst du was ich meine“, schnauzte ich Gandhi an.
„Gewalt ist keine Lösung“, drosch Gandhi eine Uralt-Phrase.
„… aber ein guter Anfang, “ konterte ich.
Gott sei dank, da kam Mutter Theresa im vollen Ordenskostüm und Jesuslatschen um die Ecke geschlurft.
„Thesi, schön dich zu sehen! Mütterchen, mir war heute nach Töten!
Stell dir vor, mir, wo ich doch so sein will wie du!
Was soll ich tun?“
„Bete, meine Tochter!“ kam mild lächelnd die Antwort.
„Thesi! Im weitesten Sinne tue ich das gerade.
Du bist tot, ich rede mit dir – Christen nennen das beten.
Also gib mir ’ne Antwort! Wie schraube ich meine Mordgelüste zurück!“
„Das ist nicht Beten, mein Kind!
Das nennen die von Astro-TV transzendente Kommunikation.“
Auf dem letzten Stand ist sie ja, die Gute.
Wusste gar nicht, dass es da oben Privatfernsehen gibt.
Neben mir schnarrte eine eiskalte Stimme:
„Deporrrtation, ich forrrrdere die totale Deporrrrrrrrtation!“
„Hitler, war klar, dass du bei diesem Thema auftauchst.
Du weißt, dass ich von deinem Gedankengut nichts halte, … wobei?
Wohin wollen wir sie deportieren?
Die Zone hat keine Mauer mehr.
Außerdem ist die Deutsche Bundesbahn nicht mehr das, was sie zu deinen Zeiten war.“
„Wenn ihrrrrr sie bei dem Wetterrrr in einen ICE sperrrrt hat sie keine Chance!“
„Addi, du kennst die Frau nicht! Die ist mit allen Wassern gewaschen. Die reist an heißen Tagen mit Strohhut, Fächer, Miniventilator und Wasservorräten für eine Woche. Den Krempel teilt sie auch mit niemand. Mit einer Fahrt im ICE kannste der nicht beikommen.“
Hilfesuchend blickte ich zu Gandhi und Theresa. Die saßen einträchtig auf einer Reismatte und Theresa erkläre Gandhi gerade sein neues Smartphon.
Von denen war erst mal keine Hilfe zu erwarten.
Neben mir warf ein junger Mann lasziv ein Beil mit der rechten Hand hoch und fing es locker wieder auf. Er kaute auf einem Streichholz und nuschelte:
„Überlass ihn mir!“
„Haarmann, schön dich zu sehen! Vielen Dank für das Angebot, aber du bist auf junge Männer spezialisiert. Das da, ist eine Frau! Ja ich weiß, bei dem weiten T-Shirt sieht man das nicht so und Socken in Sandalen tragen nur Billigtouristen männlichen Geschlechts auf Malle, aber glaube mir, du wärst beim Zerstückeln enttäuscht. Wenn ich mal wieder aggro auf einen Mann bin, komme ich gerne auf deine Hilfe zurück.“
„Wie man sich irren kann!“ schimpfte Haarmann warf sein Hackebeilchen in seine Adidas-Sporttasche, schwang sich auf sein Vorkriegsfahrrad und radelte von dannen.
Theresa kicherte albern. Sie hatte gerade die Furz-App auf Gandhis Handy entdeckt.
Nonnen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.
Eine rauchige Whiskeystimme aus dem Ohrensessel neben mir hauchte:
„Wir reden mit ihr!
Wir machen ihr ein Angebot, dem sie nicht widerstehen kann.“
„Mein Pate, immer da, wenn man ihn braucht. Einen wunderschönen guten Abend.
Sie wissen, wie sehr ich ihre Dienste zu schätzen weiß.
Nur ich fürchte in diesem speziellen Fall dürften sie gerade mit dieser Methode, sagen wir einmal, auf taube Ohren stoßen.
Denn genau hier liegt das Problem:
Sie wird sie nicht zu Wort kommen lassen!“
Puff, der Ohrensessel löste sich in Rauch auf!
Rambo stieg zum wiederholten Male halbnackt aus dem Teich auf und ballerte mit seinem Platzpatronengewehr in die Runde.
Von der Ferne schnarrte es immer noch ‚Deporrrrtation!‘ und ein langgezogener Schrei ließ vermuten, dass auch Harrmann einen Begleiter für die Nacht gefunden hatte.
Muss man denn hier alles alleine machen?
„DUUUU SOOOOOLLST NIIIICHT TÖÖÖÖÖTEN!!!“
schallte es von oben.
Ist ja schon gut!
Ich wache jetzt auf, ich geh ins Bett und werde sie auch morgen zum wiederholten Male nicht töten.
Ich bin ein guter Mensch!
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OOOOOOHHHHHMMMM!
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„Rambo, warte, ich besorge dir echte Patronen!
Hitler, warte auf mich, wohin sagtest du fährt der Zug?
Haarmann, kannste nicht mal ’ne Ausnahme machen?
Ey, Pate, vielleicht lässt sie dich ja doch zu Wort kommen!
Jungs, wartet auf mich – lasst mich nicht mit dieser Plage alleineeeeeeeeeeeeeeeee!“