Die lächerlich kurzen Sommerferien neigen sich gnadenlos dem Ende zu, was kann man da tun, diesem unausweichlichen Tod der Freiheit die Härte zu nehmen?
Richtig!
Man schnappt sich ein paar nette Kolleginnen und pilgert gen Großstadt-Metropole.
Sozusagen als Absacker für die Ferien. Immerhin müssen wir acht ganze Wochen durchhalten, bis uns die nächste Erholungspause gegönnt wird.
Was ist das Schönste an diesem Ausflug?
Wir überlassen unserem Fleißbienchen Greta die Orga.
Wir geben dem Ganzen durch bloße Anwesenheit Glemma, den Rahmen macht sie.
Funzt seit Jahren prima, werden wir auch in Zukunft nicht ändern.
Klitzekleines Problemchen … die Fahrt startet am Bahnhof.
Da müssen wir selbstständig hin.
Wo ist das Problem, fragt sich der Großstädter?
Richtig!
Genau das ist das Problem. Wir wohnen auf dem Dorf, Busse verkehren, wenn überhaupt im Stundentakt, was immer ziemlich genau bedeutet, dass unser Bus zwei Minuten nach Abfahrt des Zuges am Bahnhof eintrifft und wir da ’ne Stunde in der Kälte stehen. Parkplätze sind nur in begrenzter Zahl für horrende Parkgebühren zu ergattern, da heißt es sich einen Chauffeur zu sichern. Eingespielt wie wir sind, kutschiert uns zu diesen Events die Best-Friend von Bruni.
So weit, so organisiert.
Am Abend vor dem Abflug, Anruf von Bruni.
„Lovis, es gibt ein kleines Problem.
Gaby fährt nicht!“
„Wie?“
„Tot?“
„Krank?“
„Burn out?“ (Gaby ist auch Sonderpädagogin)
„Neee, wir haben uns gestritten?“
„Bruni!!!“
„Du Zicke!“
„Wieso streitest du dich mit deiner besten Freundin, einen Tag vor unserer Abfahrt.
Gib ihr jetzt die Hand, vertrag dich wieder oder besorg dir schleunigst ’ne neue Freundin!
Wir müssen morgen früh zum Bahnhof.“
„Geht nicht, die ist richtig sauer! Die redet nicht mehr mit mir!“
„Ey, ich fass es nicht. Wie alt seid ihr? 12?“
„Ja, irgendwie schon, Lovis, aber du kennst ja mein Problem!“
Der war gut!
Ihr Problem!
Bruni hat so viele psychologische Probleme wie ein Straßenköter Flöhe. Das Schöne ist, sie ist seit ihrer Scheidung in ständiger psychologischer Beratung, für jede Therapie offen und gilt quasi als austherapiert. Man kann ihr alles ungefiltert an den Kopf schmeißen, sie entscheidet sich zielsicher für das, der vier Ohren, wo es ihr nicht weh tut. Erleichtert sehr die Kommunikation.
Das Problem, was sie hier ansprach, war ein für mich völlig neues!
Einmischungszwang in Verbindung mit Verantwortungshyperaktivität!
Jawohl!
Sie mischt überall ein und fühlt sich für Gott und die Welt verantwortlich.
Gut, … für die Welt fühlt sie sich schon länger verantwortlich, aber jetzt eben auch für alle Menschen in ihrer Nähe.
Extrem!
Deshalb war sie dieses Jahr auch wieder Steine umdrehen in Meck-Pom.
Nass und frierend unter der Plane, kann sie es für einen Moment aushalten, nicht verantwortlich zu sein für die Ihren.
Diese genießen die Zeit des Steine-umdrehens derart, dass man bereits in der Familie zusammenlegt, um die Alte öfter auf Survival Tour zu schicken.
Was hat das nun mit Gaby zu tun?
Gaby, Dulli-Lehrerin an der weiterführenden Dulli-Schule übernimmt Dullis von Bruni. Beide seit Jahrhunderten im Dienst. Der Übergang klappt reibungslos. Die Akte geht mit.
Reichte Bruni aber in einem konkreten, ihr besonders ans Herz gewachsenen Dulli nicht und sie beschloss, ohne Wissen ihrer best-friend, sozusagen hinter deren Rücken, mit der Schulleitung zu telefonieren, um die weitere Beschulung ihres Lieblingsdullis in ihrem Sinne zu veranlassen.
Gaby stinkig … Vertrauensbruch … hinter meinem Rücken … Kompetenzüberschreitung …
… keine Fahrerin zum Bahnhof.
Stunde später, erneuter Anruf von Bruni: „Neue Freundin gefunden, Fahrt gesichert!“
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Die Fahrt verlief ohne besondere Vorkommnisse.
Leider!
Am Hotel hatte Greta gespart und so kassierten die Gangster vom IBIS Hotel 20 Euro dafür, dass wir unsere Koffer vor 16 Uhr in den Zimmern abstellten. Dafür hatten wir die zweifelhafte Ehre gegenüber von der Udo Lindenberg Residenz zu wohnen.
Erster Halt: Dungeon!
Immer wieder schön und mich besonders freute es, nach meiner U-Boot Erfahrung, dass ich unter keinerlei Platzangst litt.
Es folgte der kulturelle Teil: Die Elbphilharmonie!
Ich Dummchen dachte Elbphilharmonie, guckst du Konzertsaal an.
Berühmt und teuer!
Nee, Greta-Sparvariante. Alles außer Konzertsaal!
Aber es gab interessante Informationen, warum das Teil so teuer und so bauverzögert entstand. Ist ja quasi der BER von HH.
Ein paar Details gefällig?
In dem Teil ist die längste Rolltreppe der Welt oder mindestens von Europa eingebaut. Das Ding wurde, vermutlich auf mehreren LKWs mit Überbreite und – länge angeliefert.
Baustopp!
Was macht der geneigte DHL Mitarbeiter?
Teil wieder eintüten und mitnehmen?
Nee!
Man lagert es auf zwei (2) Stützen!
Wochenlang, monatelang!
Was passiert mit langen Teilen, wenn man sie ungestützt nicht benutzt?
Richtig, sie hängen durch!
Als es mit dem Bau weiterging, wurde die Hängerolltreppe dann auch fix für ein paar Milliönchen gegen eine Neue ausgetauscht.
Nächster Coup:
Dach noch offen:
Baustopp!
Verschließt man nun das Dach zumindest notdürftig?
Aber nein!
Regnet ja nicht in Hamburg!
Man lässt es also munter über Jahre (!!!) hinein regnen, was einem Neubeginn der Baumaßnahme gleichkam.
Würde man bei solchen Projekten die Verantwortlichen mit nur 10 % ihres Eigenkapitals für Schäden haftbar machen, ich wette man hätte innerhalb von einer Woche mit Hilfe einer polnischen Bauarbeiterkolonne das Dach abgedichtet.
Richtig teuer wurden aber dann die Sonderwünsche der Architekten.
Nein, was hatten die für tolle Ideen um die Kosten ins Astronomische zu treiben.
Bei der Akustik des Konzertraums kann ich den Eifer ja noch annähernd verstehen, aber …
Der untere Teil ist, wie man weiß, also ich nicht, aber der gebildete Konzertbesucher weiß das, ein altes Speichergebäude, Backstein. Obendrauf dann das sündhaft teure Glasdingens.
Man kann um das Glasteil herumgehen und geht auf Backstein, der da aber nicht immer war, sondern extra verlegt wurde, wie man uns erzählte.
Als erfahrene Obi-Kundin merkte ich an:
„War aber dritte Wahl das Pflaster, wa?
Da hammse mal gespart!“
Neee, im Gegenteil!
Die teilweise kaputten, teilweise schwarzen Steine spiegeln die Geschichte der Hansestadt wieder.
Krieg, Vertreibung, Brände!
Das hat Millionen gekostet aus dem heilen Backsteinen kaputte, schwarze zu machen, in Italien!
Ja, nee, is klar!
Alfonso laufen heute noch die Tränen vor Lachen über die gegerbte Gesichtshaut, wenn der daran denkt, wie die Deutschen ihm Millionen bezahlen, damit er mit Hämmerchen und Bunsenbrenner aus intakten Backsteinen dritte Wahl macht.
Endlich mal gespart wurde an den Parkplätzen. Es gibt ca. 250 für die ganze Elfi.
50 davon sind für das Hotel reserviert. Richtig gehört, man kann da pennen und den Ausblick durch gewölbte Scheiben genießen und hinterher sagen, man hat in der Elbphilharmonie übernachtet.
Die übrigen 200 Plätze sind für die 10.000den Besucher.
Bisschen knapp berechnet!
Mit dem Taxi vorfahren geht auch nicht. Da freut sich die robegewandete Konzertbesucherin, wenn sie durch Hamburger Regen kilometerweit zu Fuß zum Event latschen kann.
Gehen den abgehobenen Architekten doch am Allerwertesten vorbei, diese lächerlichen weltlichen Probleme.
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Stärkung nach meinem Geschmack: Brauhaus!
Nix zu meckern!
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Wieder im Hotel: Blasen OP am offenen Fuß!
AUAAAAAA!!!
Lieber leiden als flache Schuhe tragen!
Wo zum Deifel ist die Minibar!
Hammse nicht, Scheiß Absteige!
Wenn mir die Füße nicht so wehtun würden, würde ich ja mal fix zum Udo auf einen Eierlikör rübergehen.
Ein Wasser täte es jetzt aber auch!
Lechz!
Nachdurst!
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Der eigentlich harte Teil für mich kam am nächsten Tag!
Die Weiber wollten shoppen gehen!
Und es gibt viele Schuhgeschäfte in HH!
Und viele Läden!
Ich hatte schon nach dem dritten keine Lust mehr, meine Füße schon vor dem ersten.
Vor den Läden saßen auf den Bänken geparkte Männer.
„Ey, Jungs, rutscht mal ein Stück, ich bin einer von euch.
Lasst euch nicht von der Optik blenden, ich bin ein Kerl!“
Ausbeute der vierstündigen Shoppingtour????
Ungelogen: Eine Bratpfanne!
Richtig gehört, null Klamotte, null Schuhe, null sonstiger Prüll!
Simone hat allen Ernstes eine Bratpfanne gekauft!
„Hat ja die ganze Familie was von, meinte sie!“
Weiber!
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Rückfahrt ohne nennenswerte Vorkommnisse!
Fertig und over!
Nix over: Simone hat sich heftig beschwert. Nie nicht würde sie mit einer Bratpfanne von einem Ausflug nach Hamburg nach Hause kommen. Es war eine Backform. Asche auf mein Autorenhaupt.