Lovis als Beifahrerin

Leute, ihr kennt mich als furchtlose Frau der Tat!
Weder Spinnen noch Schlangen, weder Höhe noch Höhlen, weder Tramper noch Omas in Strichjäckchen können bei mir irgendwelche pathologischen Ängste auslösen.
Es gibt da nur eine kleine Sache, bei der eure Lovis feuchte Hände und Atemnot bekommt …

… wenn ich irgendwo Beifahrerin bin!

Nicht, dass ich irgendwann einmal einen Unfall gehabt hätte oder so!
Nein, ich beginne sofort körperlich zu reagieren, wenn ich nicht selbst am Steuer sitze.
Egal in welchem Fahrzeug!
Also vermeide ich es!
Frau fährt selbst!

Aber ich arbeite dran.
Ist ja lächerlich – Lovis, stell dich deinen Ängsten!
Es sind nur 7 km bis Hameln!
Die Kollegin aus dem Nachbardorf, ihr kennt sie alle, ist schon 20.000 mal bei mir mitgefahren – sie will sich revanchieren. Es kommt einfach nicht nett rüber wenn man da sagt:
„Ich sterbe tausend Tode, wenn du fährst!“

Bereits am Montag flötete dann auch Bruni, die aus irgendeinem Grund ab und an meine Nähe sucht:
„Wir fahren denn zusammen, nee? Ich hole dich ab!“
Shit! Shit! Doppel-Shit!
Ich habe noch versucht mich rauszureden „muss vorher noch einkaufen“, „weiß nicht wann ich wieder da bin …“
„Macht nix!“ meinte Bruni, „wir telefonieren.“

Vielleicht vergisst sie es!
Mittwoch, schon 16.30 Uhr, noch kein Anruf, Hoffnung keimt auf.
16.45 Uhr: „Huhu, hier ist die Bruni!“

Ok, Lovis, da musste jetzt durch!
Pünktlich um 18:40 Uhr stand das altersschwache, mit Paket-Klebeband geflickte, nennen wir es mal Auto, von Bruni vor der Tür.
Leute, die Fahrt bis Hameln dauert 10 Minuten.
10 Minuten können lang sein – sehr lang!

Entweder fuhr sie dicht am Mittelstreifen oder dicht am Graben – die Mitte der Straße traf sie nur zufällig.
Dabei immer munter mit mir plaudernd.
„Alte, guck nach vorne: Blickrichtung = Fahrtrichtung!“

Notbremsung – wir durchqueren eine 70er Zone.
War ich froh, als wir die Brücke in Hameln erreichten – Baustelle – 30.
Beim Aussteigen war ich geneigt den Boden zu küssen.

Bei der Rücktour habe ich dann gelernt, dass Alkohol Ängste abbaut.
Ich hatte ein Glas Wein intus und mich störte der Fahrstil meiner Kollegin schon deutlich weniger. Wenn ich noch einmal mit ihr fahren muss, gebe ich mir vorher die Kante.