Lovis als Restaurant-Testerin

Ich habe meinen Traumjob gefunden. Jawohl! Nur der liebevolle Gedanke an meine wohlverdiente Pension hält mich von einem sofortigen Hinschmeißen der bisherigen, pädagogisch wertvollen Tätigkeit ab. Mein Traumberuf ist: *trommelwirbel* Restaurant-Testerin!

Diese Erleuchtung überkam mich gestern beim Griechen. Nein, nicht beim Stammgriechen, für den reicht eine positive Googlebewertung. Ich habe, auf Empfehlung meiner Masseurin Susi, einen Fremdgriechen aufgesucht: „Musste hingehen, sieht toll da aus, wie eine Tropfsteinhöhle!“ „Kannste vergessen“, meinte unser Hausmeister, „das Giros schmeckt nicht wie beim Griechen.“  

Während also meine Susi sich von banalen Äußerlichkeiten beeindrucken lässt, legt, Toto, der Mann, Wert auf innere Werte. Halten wir mal kurz fest.

Nun opfere ich mich ja gerne, wenn es der Wahrheitsfindung dient, erst Recht, wenn es dabei um Restaurants geht. Deshalb ja auch meine neue Berufswahl: Ich esse gern, ich esse gern gut, ich lobe gern großzügig, wo ich es für angemessen halte, ich zerreiße gnadenlos, wo mein Gaumen beleidigt wird. Außerdem hat dieser Beruf den immensen Vorteil, dass man ihn im Gegensatz zu ‚Perlentaucherin in der Südsee‘, ‚Astronautin auf Marsmission‘ oder ‚Viktoria-Sekret-Modell‘ bis ins hohe Alter ausüben kann.

Auf zur Grotte! Rinteln Innenstadt, die Parkplatzsuche erspare ich dem geneigten Leser. Dank Rückwärtseinparkhilfe meines neuen Corsas parkte ich in eine handschuhenge Parklücke problemlos ein und … wieder aus, als ich nach dem Einparken feststellte, dass es sich um eine Notarztausfahrt handelte.

Nun war ich ja im Internet vorgewarnt, dass die Grotte in der 2. Etage lag, von wegen toller Blick auf die Weser und so. Das, in den begehrten Restauranttempel führende Treppenhaus, hatte den Charme einer polnischen Hinterhofklinik, wo sich Kassenpatienten für kleines Geld wahlweise die Zähne, die Augen oder die Bubies richten lassen. Weiß gefliest, rottiger Fensterkitt, Plastikpalme … Ambiente geht anders.

Im Grotteneingang quollen uns zunächst die Wintermäntel der bereits vorhandenen Gäste entgegen. Ich sag ja immer, für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Nach zwei Etagen (zu Fuß!!!!) bin ich aber nicht zum sofortigen Rückzug bereit und arbeite mich zum Tresen vor. Dort steht eine blonde, offensichtlich Nichtgriechin mit quakendem Baby auf dem Arm, neben ihr ein May-be-Grieche und starren mich an. Verwirrt haspele ich: „Äh, sind Sie hier die Bedienung?“ Wenn das jetzt Gäste sind, stehe ich bis zu den Kniekehlen im Fettnäpfchen. Glück gehabt, die beiden stellten sich als Personal heraus und stritten dann auch mal gleich, wer meine telefonische Platzreservierung angenommen habe. O-Ton: „Na dann setzen Sie sich doch irgendwo hin.“ Danke, dass ich nicht in der Küche essen muss!

Das von Susi so hoch gelobte Tropfsteinfeeling?! Mhm, urteilt selber.

Für meinen Geschmack hatte hier ein Innenarchitekt mal eine ganz besonders originelle Idee. Weniger wäre mehr gewesen. Mag aber auch an meiner latenten Platzangst liegen, dass mich die niedrigen Decken erdrückten. Aus Brandschutzgründen wählte ich dann auch einen Platz nah am Eingang.

Die Aussicht auf die Weser von hier oben mag toll sein, am Abend blieb uns aber nur die Vermutung auf einen Fluss. Wir verbuchen es mal großzügig auf der Habenseite der Höhle.

Kaum saßen wir, stand der strapazierte Jungvater an unserem Tisch und fragte, was wir trinken wollen. Während ich ja ziemlich zügig in der Getränkewahl bin, braucht 2.0 ja immer eine Weile bis sie sich entscheidet, ob sie ein Wasser oder ein Wasser trinken möchte. Zu lang für das Fachpersonal: „Keinen Stress,“ blaffte er, „ich komme gleich noch mal wieder.“ Wer macht hier Stress, Alter, du oder wir?

Die Speisekarte: Langweiligstes griechisches Sortiment, durchnummeriert bis 251 und alles mit Tomatensoße (muss wohl weg das Zeug oder war im Angebot!)  und/oder überbacken. Fast alles mit Schweinefleisch oder in geschnetzelter Form. Die Geschwindigkeit in der das Essen an den Tisch gebracht wurde, kaum war die Bestellung ausgesprochen, ließ Schlimmes erahnen. Und richtig, selten so totgegrilltes, trockenes, aufgewärmtes Fleisch auf dem Teller gehabt. Das alles schwamm in reichlich Fertigpilzsoße. Kantine hat griechische Woche! Ihh-baah! Das einzige was hier würzig oder besser gesalzen war, waren die Preise. Wenn mir das nächste Mal unser Hausmeister von einem Restaurant abrät, vertraue ich ihm blind.

Die übliche Nachfrage beim Gast, ob das Essen mundet oder ob der verehrte Gast noch einen Wunsch hat beschränkte sich auf ein im Vorbeilaufen gegrunztes: „Alles ok bei Ihnen?“ Und so verwundert es auch wenig, dass ich für mein, trotzdem gezahltes Trinkgeld nicht einmal ein ‚Danke‘ erhielt, geschweige denn beim Rausgehen eine Verabschiedung.

‚Auf Wiedersehen‘ halte ich daher für unwahrscheinlich.

 

 

Weitere Restaurant-Test findet ihr hier

Costa ist auch nicht mehr das, was er mal war

All you can eat – beim Chinesen

 

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